1} Magistrat hiesiger Haupt- und Residenzstadt. Berlin, den 24. August 1907. L-Nr. 9739. Gew. II 07. Auf die Eingaben vom 22. April und 17. Juli 1907. Die Wohnungs-Enqu&ete, welche die Ortskrankenkasse für den Gewerbebetrieb der Kaufleute, Handelsleute und Apotheker vorgenommen hat, war uns Seit einer Reihe von Jahren bekannt und haben wir bisher eine Veranlassung, gegen eine solche einzuschreiten, nicht sehen können. Diese unsere Anschauung wird auch durch die dortigen Eingaben vam 22. April und 17. Juli d. Js. nicht erschüttert. Zunächst können wir dem Preussischen Landesverband der Haus- und Grundbesitzer- vereine eine besondere Legitimation in der Angelegenheit Beschwerde zu führen, nicht zugestehen. Selbst wenn Mitglieder der Ortskrankenkasse der Kaufleute, Handelsleute und Apotheker dem Verbande als Mitglieder angehören, so hätte der Verband als solcher nicht die Vollmacht, deren Interessen wahrzunehmen. Selbstverständlich bleibt dem Verbande unbenommen wie jeder anderen Person, die Aufsichtsbehörde auf Verstösse gegen Gesetz oder Statut von Seiten einer Krankenkasse aufmerksam zu machen. Von diesem Gesichtspunkte aus ist denn auch eine Prüfung der Handlungsweise der Ortskrankenkasse der Kaufleute, Handelsleute und Apotheker vorgenommen worden. Nach dieser Richtung hin muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Aufsichtsbehörde der Kasse eine Handlung, die mit den gesetz- lichen und statutarischen Vorschriften picht in Widerspruch steht, nicht untersagen kann. Die Möglichkeit also, der Kasse eine Publikation, wie sie hier vorgenommen ist, selbst wenn sie Uebertreibungen oder Unrichtigkeiten enthalten sollte, zu untersagen, besteht nicht. Es würde sich also nur fragen, inwieweit die aufgewendeten Kosten etwa den Vorschriften des 8 29 des Krankenversicherungsgesetzes zuwider aufgewendet worden sind. Nur in dieser Richtung könnte ein Verbot sich bewegen. Wir haben uns aber nicht überzeugen können, dass in dieser Rücksicht gefehlt worden ist, denn durch die Enquete selbst sind unzulässige Kosten nicht erwachsen. Diese ist vielmehr durch die Kassenorgane bei Gelegenheit des Zesuchs der Kranken nebenbei aufgenommen. Die Feststellung der Wohnungsverhältnisse st aber für die Krankenkassen insoweit von Bedeutung, als in vielen Fällen von der Be- schaffenheit der Wohnung die Entscheidung abhängt, ob Krankenhauspflege, Ueberweisung in Heilstätten oder in Erholungsstätten stattfinden Soll, oder ob der Patient in der Wohnung »leiben darf. Wenn die Ergebnisse dieser Enquete zusammengestellt den Kassenvertretern, den Kassenmitgliedern und damit auch weiteren Kreisen zugänglich gemacht und wenn für diesen Zweck Druckkosten aufgewendet werden, so können wir darin einen Verstoss gegen das Gesetz und damit ein Grund zum Einschreiten nicht anerkennen. Wir müssen es demnach ablehnen, dem dortigen Antrage, den Ortskrankenkassen die Veranstaltungen von Wohnungserhebungen und die Veröffentlichung ihrer Resultate zu untersagen, Folge zu geben. jez. Friedel. An den Preussischen Landesverband der Haus- und Grundbesitzervereine zu Spandau Dotsdamer Strasse 20